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Biketest: Leichte Kinder- und Jugend-Mountainbikes

Leichte Mountainbikes für Kinder und Jugendliche sind Mangelware. Und wenn ein Bike einmal wirklich leicht ist, dann schnellt der Preis rasch über die 2.000 Euro Marke und wird für viele zum nicht mehr leistbaren Luxus. 

Bei den erschwinglicheren Modellen sind sowohl das Gewicht als vielfach auch die verbauten Anbauteile problematisch. Entweder stammen sie aus billigen Baugruppen und sind somit bleischwer und wenig geländetauglich oder schwergängig und von Kindern kaum zu bedienen. Schaltungen und Bremsen etwa sind meist nicht für zarte Kinderhände gemacht und erfordern hohe Bedienkräfte. Auch Federgabeln sind selten auf die Leichtgewichte unter 20 Kilogramm ausgerichtet und bieten nicht ausreichend Federungskomfort. 

In den letzten Jahren haben sich zwar einige Hersteller auf Kinderräder spezialisiert, im Fachhandel sind diese Fahrräder jedoch schwer zu finden, sie werden eher über den Online-Handel vertrieben. Einige davon sind z. B. Kania, Federleicht, Ramlon, Vpace, Supurbur, MTB Cycletech, Woom, Kubikes. Auch die etablierten Hersteller bieten im Bereich von 20 - 24 - 26 Zoll Kinder- und Jugendbikes an. Auffallend ist, dass das Preisgefüge dieser Bikes meist bei 300 - 450 Euro liegt. Diese Bikes tragen sehr stolz die Namen der renommierten Hersteller, sind stabil gebaut, aber klobig-schwer, mit Gewichten von 12 bis 15 Kilogramm.

Rühmliche Ausnahme ist Ghost mit dem Lector Kid 6 LC. Das Bike punktet mit absolut gelände- und tourentauglicher Ausstattung. Zu erwähnen ist der leichte Carbonrahmen, die leichte Luftfedergabel X-Fusion Velvet mit 15 mm Steckachse (1.814 g), die 100 mm Federweg freigibt. Die Schaltung ist die SRAM NX 11-fach Schaltung  mit 11-42 Zähnen, an der Kurbel werkelt ein 30er Kettenblatt. Die stabilen Felgen Rodi Excalibur XC mit 32 Speichen (ca. 2.100 g pro Satz), die  Scheibenbremsen von Tectro mit 160 mm Scheiben und der komfortable Sattel SDG Fly (270 g) runden das Angebot ab. Naben, Vorbau, Sattelstütze und Lenker sind Ghost-Eigenmarken. Die Verarbeitung ist sehr sauber, die Kabel sind ausnahmslos im Rahmen geführt, das Cockpit ist durch den Wegfall des linken Schalthebels sehr aufgeräumt. 
Kinder MTB, Mountainbike für Kinder, Jugendbike
Ghost Lector Kid 6 LC
Cockpit, Vorderansicht
Aufgeräumtes Cockpit
Das Lecktor Kids hat eine ausgewogene Geometrie mit dem recht flachen Lenkwinkel von 69,5 Grad, was eine ruhige Laufkultur verspricht. Das Bike kann sogar von 26 Zoll auf 27,5 Zoll umgerüstet werden,  Kettenstreben und Federgabel sind bereits darauf ausgerichtet und somit kann das Bike mit dem Fahrer mitwachsen. Im fahrfertigen Zustand (mit Shimano SPD Pedalen, Flaschenhalter und Tacho) bringt das Jugendbike in der Größe XS rund 11 Kilo auf die Waage. Das Bike ist ab einer Körpergröße von etwa 135 cm eine sehr gute Wahl, mit Zukunftsoption auf größere und eventuell leichtere Laufräder. Der Listenpreis für das Bike liegt bei angemessenen 1.599 Euro. Hut ab - ein Bike in dieser Preis- und Gewichtsklasse für Kinder und Jugendliche wünschen sich sportliche Eltern für ihre ambitionierten Kids.
Lector Kid 6 auf der Wage, Gewicht
Das Lector Kid an der Wage
Waage, Gewicht
Angenehme Überraschung, sportliche 11,16 Kg

Der Versender Canyon hat wohl auch die Nachfrage nach leichten Kinder- und Jugendbikes erkannt. Er bietet seit dieser Saison unter der Bezeichnung Young Heroes ein eigenständiges Bikeprogramm für Kids an. Dort findet sich ein 16 Zoll Bike mit einem Gewicht von 8,2 Kilo, ein 20 Zoll Bike mit 9 Gang-Schaltung von SRAM und 9,1 Kilo sowie ein 24 Zoll MTB mit 9fach Schaltung, Scheibenbremsen und Federgabel und einem Gewicht von 10,9 Kilo. Und das alles für recht zugängliche 499, 699 oder 799 Euro.

Was sollte bei der Auswahl eines Kinder- und Jugendbikes generell beachtet werden? Die grundlegende Entscheidung ist die Laufradgröße, hier gilt es, stets das größtmögliche Maß zu wählen, denn durch größere Laufräder steigen sowohl Fahrstabilität als auch Rollkomfort. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Bike länger genutzt werden kann und nicht so schnell zu klein wird. Ab ca. 1,25 m Körpergröße sollte ruhig schon an ein 24 Zoll, ab ca 1,35 an ein 26 oder 27,5 Zoll Bike gedacht werden. Bei der Rahmengröße ist zu beachten, dass diese auf die Beinlänge ausgerichtet ist. Das heißt, dass in der tiefsten Sattelposition das Kurbeln uneingeschränkt möglich sein muss und dass das Kind mit dem Bike zwischen den Beinen mit beiden Füßen den Boden berühren können muss, ohne auf dem Oberrohr aufzusitzen. Beim Gewicht sollte darauf geachtet werden, dieses möglichst gering zu halten, z. B. indem man ein Hardtail anstatt eines klobigen Fullys wählt und andere unsinnige Komponenten weglässt. Griffe sollten dünner und Bremshebel kleiner und die Hebelweite einstellbar sein. Ab den 20 Zoll Bikes haben diese auch eine Schaltung und die Kinder sollen frühzeitig lernen, mit ihr umzugehen. Dazu müssen die Schaltgriffe aber leichtgängig sein, dies gilt besonder für Drehgriffe, aber auch für Schalthebel. Es gibt die Fausregel, dass die Kurbellänge etwa 10 Prozent der Körpergröße betragen sollte, ab 20 Zoll würde ich eher zu 150 mm Kurbeln tendieren, um den Tritt rund und die Kraftübertragung effizient zu gestalten.

FAZIT: Leichte und erschwingliche Kinder- und Jugendbikes sind rar. Händler führen in ihrem Sortiment eher die Kindermodelle der von ihnen geführten Marken. Es sollte aber auf ein möglichst leichtes Bike Wert gelegt werden, denn häufig mutet man den Kindern ein Bike zu, das bis zu 50 Prozent ihres Körpergewichtes auf die Wage bringt. Und welcher erwachsene Biker hätte schon Freude an einem 35 Kilo MTB?


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